Hintergründe und technische Umsetzung

Die Elektrifizierung des Wärme- und Verkehrssektors schreitet voran. Der wachsende Zubau von Wärmepumpen und Ladeinfrastruktur für Elektrofahrzeuge stellen für Stromnetzbetreiber zunehmend eine Herausforderung dar. Im Stromnetz müssen Erzeugung und Verbrauch stets im Gleichgewicht sein, um den sicheren Betrieb zu gewährleisten. Ohne eine parallel stattfindende Ertüchtigung und Digitalisierung der Netze kann es zu Engpässen bis hin zu Überlastungen und Stromausfällen kommen.

Die für Stromübertragungs- und -verteilnetze zuständige Behörde, die Bundesnetzagentur (BNetzA), wurde daher nach § 14a des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) beauftragt, bundeseinheitliche Regelungen zur Integration von steuVE (steuerbaren Verbrauchseinrichtungen) zu treffen. Die Ausarbeitung der BNetzA wurde bereits im November 2023 veröffentlicht und zum 1. Januar 2024 in Kraft getreten.

Die neuen Regelungen dienen als wichtige Maßnahme, um Netzstabilität in Zeiten des Ungleichgewichts zu sichern. Betreiber von steuerbaren Verbrauchseinrichtungen können im Gegenzug von einer Reduzierung der Netzentgelte profitieren.

Gerne verschaffen wir einen Überblick über alle relevanten Informationen zu den neuen Regelungen für steuerbare Verbrauchseinrichtungen.

Unter steuerbare Verbrauchseinrichtungen fallen vor allem Ladeinfrastruktur für die Elektromobilität, Wärmepumpen sowie Klimageräte. Aber auch Anlagen zur Speicherung elektrischer Energie (Stromspeicher) sind hinsichtlich ihrer Strombezugsrichtung betroffen! Ausgenommen sind Anlagen mit einer Leistung <4,2kW, Anlagen mit Anschluss in der Mittelspannung und Bestandsanlagen, welche bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung des §14a EnWG in Betrieb genommen wurden. Bestandsanlagen mit der steuerbaren Eigenschaft nach §14 EnWG und Inbetriebnahme vor dem 1.1.2024, unterliegen einer Übergangsphase und sind ab 1.1.2029 vollständig in die Neuregelung zu überführen. Rechtskonforme Bestandsanlagen ohne Steuerbarkeit bleiben unberührt und es obliegt lediglich eine freiwillige Wechselmöglichkeit. Sollten hinter einem Netzanschluss mehrere Anlagen einer Verbrauchergruppe (bspw. mehrere Wärmepumpen) installiert sein, so werden die Anschlussleistungen rechnerisch zusammengefasst. Maßgeblich ist folglich, ob die Summenleistung aller Anlagen einer Verbrauchergruppe größer ist als 4,2 kW. Nachtspeicherheizungen sind von den Regelungen des §14a EnWG nicht betroffen und unterliegen ebenfalls einem Bestandsschutz. Sie werden dauerhaft gemäß den bestehenden Vereinbarungen gesteuert.

Auswirkungen auf Endkunden und Netzbetreiber:

Der Netzbetreiber darf ab 1.1.2024 den Anschluss von Wärmepumpen oder neuen privaten Ladeeinrichtungen für E-Autos nicht mehr mit Verweis auf mögliche lokale Überlastung seines Netzes ablehnen oder verzögern. In der Vergangenheit konnten Netzbetreiber den Netzanschluss neuer Verbrauchseinrichtungen verweigern, soweit sie nachweisen konnten, dass ihnen die Gewährung des Netzanschlusses aus betriebsbedingten oder sonstigen wirtschaftlichen oder technischen Gründen nicht möglich oder nicht zumutbar ist.

Im Gegenzug darf der Netzbetreiber, wenn eine akute Überlastung bis hin zur Schädigung des Netzes droht, die Belastung des Netzes reduzieren, indem er den Strombezug steuerbarer Verbrauchseinrichtungen temporär reduziert. Diese Maßnahme muss sich aus objektiven Kriterien der Netzzustandsermittlung ableiten. Die Netzzustandsermittlung stellt die aktuelle Netzauslastung anhand von Echtzeit-Messwerten dar. Zu diesem Zweck ist eine zügige Digitalisierung der Niederspannungsnetze inklusive Erhebung von Echtzeit-Messwerten notwendig.

Werden steuerbare Verbrauchseinrichtungen vom Netzbetreiber temporär reduziert, also systemdienlich eingesetzt, soll dies in Zukunft auch den Betreibern dieser Einrichtungen zugutekommen. Dazu wurden von der BNetzA erstmals Rahmenbedingungen für ein variables Netzentgelt festgelegt. Angesichts der großen Unterschiede der Anschluss- und Verbrauchssituationen wurden drei Varianten, sog. Module, festgelegt: ein pauschaler Rabatt auf das Netzentgelt (Modul 1), eine prozentuale Reduzierung des Arbeitspreises (Modul 2), oder ein pauschaler Rabatt in Kombination mit einem zeitvariablen Netzentgelt (Modul 3). Die Regelungen gelten ab 1. Januar 2024. Die Option für Modul 3 greift ab April 2025; Hintergrund ist hierbei der erwähnte und erhöhte Umsetzungsaufwand auf Seiten der Netzbetreiber.

Finanzieller Benefit für Kunden:

Als Ausgleich für die Steuerbarkeit ihrer steuerbaren Verbrauchseinrichtungen erhalten Kunden reduzierte Netzentgelte. Hier nochmal die Auswahlmöglichkeiten:

  • Modul 1: Pauschale Reduzierung des Netzentgeltes um 80€ (brutto) zuzüglich individuell durch den Netzbetreiber ermittelte Stabilitätsprämie, weiterhin gemeinsame Verbrauchsmessung
  • Modul 2: Reduktion des Arbeitspreises um 60%. Voraussetzung: getrennte Verbrauchsmessung durch separaten Stromzähler für steuVE.
  • Modul 3 (ab April 2025): Ergänzung des Moduls 1 als zusätzlicher Anreiz mittels zeitvariabler Netzentgelte, Verbrauch in Niedriglastzeiten zu verlagern, gemeinsame oder getrennte Messung möglich, Voraussetzung ist ein intelligentes Messsystem (iMSys).

Technische Anforderungen:

Der Messstellenbetreiber stellt ein intelligentes Messsystem (Zähler nebst Smart Meter Gateway) sowie eine zugehörige Steuerbox bereit. Diese Dienstleistung kann entweder direkt durch den Kunden (Anschlussnehmer) oder mit einer entsprechenden Bevollmächtigung durch den Netzbetreiber im Namen und zu Lasten des Kunden beim Messstellenbetreiber beantragt werden. Die Steuerbox ist über eine Schnittstelle mit dem Smart Meter Gateway verbunden und empfängt die Steuersignale des Netzbetreibers. Durch die Steuerbox erfolgt die Ansteuerung der steuerbaren Verbrauchseinrichtungen. Die entsprechende Anbindung der steuerbaren Verbrauchseinrichtung und deren Steuerbarkeit ist durch den Kunden bzw. durch den beauftragten Elektrofachbetrieb zu Lasten des Kunden herzustellen.

Der Kunde kann dabei entscheiden, ob eine direkte Steuerung der Verbrauchseinrichtung über zwei potentialfreier Relaiskontakte gemäß FNN-2bit Codierung (Ein/Aus/Dimmen auf Mindestleistung) oder eine Sollwertvorgabe an ein kundenseitiges (Heim-)Energiemanagementsystem (HEMS) erfolgen soll. Die Anbindung zwischen Steuerbox und steuerbarer Verbrauchseinrichtung bzw. (Heim-)Energiemanagementsystem soll vorzugsweise über eine digitale Schnittstelle wie z.B. EEBUS erfolgen.

§14a EnWG. Grafik

Sollte es für die steuerbare Verbrauchseinrichtung des Kunden aus technischen Gründen nicht möglich sein, die Leistung auf den vom Netzbetreiber vorgegebenen Wert zu reduzieren, ist eine Reduktion auf den nächstgeringeren Wert zu erfolgen. Im Fall einer nur grob steuerbaren Anlage könnte dies, bspw. bei einer Schaltung über ein Schütz ein vollständiges Abschalten der Verbrauchseinrichtung bedeuten. Auch hierfür liegt die Verantwortung der Umsetzung auf Seiten des Kunden. Falls der Kunde eine für das reduzierte Netzentgelt Modul 2 wählen möchte, so ist ein separater Zähler für die steuerbare Verbrauchseinrichtung hinsichtlich des Messkonzeptes vorzusehen.

Notwendige Angaben an den Netzbetreiber:

  • Auswahl des Netzentgeltmoduls (ohne Auswahl gilt Modul 1 als Standardmodul)
  • Beantragung Messstelle/Steuerbarkeit über Messstellenbetreiber (MSB) oder Netzbetreiber (Standardauswahl)
  • Angabe zur Ausnahme von der Teilnahmeverpflichtung

WICHTIG:

Elektroinstallationsunternehmen benötigen eine zusätzliche Vollmacht vom Anlagenbetreiber bzw. Kunden für die Auswahl des Netznutzungsentgeltmoduls, welches dem Netzbetreiber zu Abrechnungszwecken mitgeteilt werden muss!

Gerne beraten wir Sie in unseren Niederlassungen zu den Lösungsansätzen und zeigen Ihnen, neben der einfachen Relaislösung, auch unsere Empfehlungen für (Heim-)Energiemanagementsysteme zur übergeordneten Vernetzung in der Liegenschaft. Ein (H)EMS bietet nicht zuletzt einen Doppelnutzen, indem es neben der Einhaltung des §14a EnWG den zukunftsfähigen, hochwirtschaftlichen Betrieb der eigenen Erzeugungs- und Verbraucheinheiten gewährleistet.

Hier finden Sie die offizielle Informationsseite der Bundesnetzagentur: https://www.bundesnetzagentur.de/DE/Vportal/Energie/SteuerbareVBE/start.html

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